Wir haben in den letzten Wochen einen extrem hohen internen Diskussionsaufwand betrieben, das Projekt von allen Seiten beleuchtet, letztlich im (verflixten) siebten Jahr des Ausbildungsbetriebes alles auf den Prüfstand gestellt. Die Ergebnisse unserer Überlegungen sind in diesem Bericht nachzulesen:
Land
Einige Monate nach dem Regierungswechsel in Sierra Leone im April 2018 erhielten wir die Information, dass eine Neustrukturierung des Katasterwesens eine Neueintragung des Centergeländes erfordern würde. Wir hielten dies zunächst für eine bürokratische Lappalie und baten unsere Partner vor Ort (GSSL) die hierfür notwendigen Schritte auszuführen. Anderthalb Jahre sind vergangen und wir müssen leider feststellen, dass sich die Sache schwieriger als gedacht gestaltet und an unseren Nerven zehrt. Noch immer haben wir keine offizielle Urkunde die uns als Eigentümer des Centergeländes nach neuem Landesrecht ausweist. Sichere Eigentumsverhältnisse sind für uns jedoch die Grundlage allen weiteren Handelns! Wir haben in die Bemühungen, die Sache endlich zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, unseren Centermanager Mr. Garrick, Bonthes Bürgermeister Mr. Sandi und die Mitglieder unseres Managementboards eingebunden. Auch wenn es Außenstehenden als sehr restriktive Maßnahme erscheinen mag, haben wir alle weiteren Investitionen von der positiven Erledigung der Landangelegenheit abhängig gemacht.
 
Personal
Der von uns vor etwa einem Jahr eingestellte Buchhalter hat seine Arbeit trotz mehrmaliger Aufforderung nicht zu unserer Zufriedenheit ausgeführt. Wir haben das Beschäftigungsverhältnis daher mit sofortiger Wirkung beendet. Unser Alphabetisierungslehrer Mr. Domingo ist fachlich und zeitlich in der Lage diesen Bereich zukünftig zu übernehmen. Wir haben dadurch die Möglichkeit eingesparte Lohnkosten für die dringend notwendige Energieversorgung des Centers zu nutzen.
Auch von unserer Hauswirtschafterin Mrs. Jalloh werden wir uns zum 31.03.2020 trennen. Dieser Schritt ist uns ausgesprochen schwer gefallen, da Mrs. Jalloh seit Eröffnung des BYRC zu unserem Ausbilderteam gehörte. Während unseres letzten Besuches in Bontheim April 2018 hat sie im Rahmen des mit ihr geführten Personalgespräches klare Vorgaben für ihren Tätigkeitsbereich bekommen. Sie sollte sich um eine angemessene Zahl Auszubildender kümmern, nach einem vorgegebenen Lehrplan unterrichten und an von uns finanzierten Fortbildungsmaßnahmen in der nahegelegenen Stadt Bo teilnehmen. Trotz immer wiederkehrender Aufforderung hat sie leider in keinem der drei Bereiche Ergebnisse geliefert.
Mrs. Jalloh hat selbstverständlich auch weiterhin die Möglichkeit auf eigene Rechnung das Center mit Essen zu beliefern.
 
Bau
Auf unserem Baukonto liegen fast 42.000 €, aber wegen der offenen Landangelegenheit konnte noch keine Grundsteinlegung stattfinden.
Nach intensiven Beratungen haben wir das Bauprojekt komplett überdacht und sind zu folgenden Ergebnissen gekommen:Durch die Schließung des Hauswirtschaftsbereiches sind im vorhandenen Gebäude Raumkapazitäten freigeworden, die wir für einen der drei ursprünglich geplanten neuen Ausbildungsbereiche nutzen werden.Unsere Recherchen zur Ausstattung der neu geplanten Werkstätten haben ergeben, dass der Bereich Schlosserei von uns nicht dargestellt werden kann. Weder in Sierra Leone noch in den Nachbarländern ist es uns möglich, brauchbares und erschwingliches Equipment für eine Schlosserwerkstatt zu erwerben. Ein Erwerb der Werkstattausrüstung in Deutschland mit nachfolgender Verschiffung nach Sierra Leone sprengt  sowohl den finanziellen als auch den logistischen Rahmen.Das geplante Gebäude wird (bei erfolgreicher Beendigung der Landangelegenheit!) kleiner als geplant ausfallen und lediglich einen neuen Ausbildungsbereich beherbergen.Wir sind mit den vorhandenen Mitteln gut in der Lage sowohl den (kleineren) Bau als auch die Einrichtung der dann nur noch zwei neuen Werkstätten zu finanzieren.
Energie
Mit den vorhandenen „Baumitteln“ werden wir auch die seit Jahren krankende Energieversorgung des Centers auf eine sichere Basis bringen. Sowohl die vorhandene, kleine Solaranlage als auch unsere Generatoren vor Ort sind sehr reparaturanfällig. Teile und technisches Know How sind in Sierra Leone Mangelware. Es kam bei Defekten immer wieder zu Ausfallzeiten im Ausbildungsbetrieb. Abhilfe sollen zwei leistungsstarke Dieselgeneratoren bringen. Diese sind weit weniger störanfällig. Bisher hatte uns der hohe Anschaffungspreis von 5-6000 € vom Kauf abgeschreckt. Natürlich muss auch der (günstigere!) Dieselkraftstoff mühsam vom Festland beschafft werden, aber auf einer Insel ohne Autoverkehr lässt sich dies nicht vermeiden.
Unsere Bemühungen gemeinsam mit einem Bremer Ingenieurbüro das BYRC mit alternativen Energien zu versorgen sind zu unserem großen Bedauern leider im Sande verlaufen.
Nachhaltigkeit
Wir lassen in unseren Nachhaltigkeitsbemühungen nicht nach! Bei der Finanzierung der neuen Ausbildungsbereiche haben wir unser Augenmerk daraufgelegt mit den vorhandenen Mitteln die neuen Gehälter finanzieren zu können. Die Klempner sollen aus den freiwerdenden Mitteln im Hauswirtschaftsbereich finanziert werden. Für die Friseurwerkstatt ist geplant, dass dieser Ausbildungsbereich vormittags ausbildet und nachmittags Einkommen generiert.
Alle Ausbildungsbereiche zahlen (kleine) monatliche Beiträge, erwirtschaftet durch Verkäufe von Waren oder Dienstleistungen, und sichern so die Finanzierung der Energieversorgung.
 
Upgrade
Die kostbare Fracht mit 30 Notebooks und zwanzig Paar nagelneuer Fußballschuhe sowie Bällen hatten im vergangenen Jahr Anfang November Freetown erreicht. Centermanager Brima B. Garrick hat das Equipment wohlbehalten nach Bonthe transportiert.

Das Fußballteam spielte gegen die Straßenbauarbeiter vom Festland und fegte diese mit  2:0 vom Platz.

Anmerkung: Ja, es gibt in Sierra Leone Straßenbauarbeiter.  Sie roden für die Rutilgewinnung ausländischer Unternehmen Waldgebiet  und planieren den Erdboden. Diese waren im Dezember 2019 vor Ort, haben das centereigene Fußballfeld planiert. Es ist unfassbar mit welcher Geschwindigkeiten Termiten Schäden anrichten.

Die Notebooks wurden vom Ausbilder mit entsprechender Software bespielt und werden mit großer Begeisterung von denr Azubis genutzt, solange Strom zur Verfügung steht.
Konzentration vor dem Spiel gegen die „road makers“ im Januar 2020.

Die langersehnte Motorsäge konnte endlich angeschafft werden und bringt den Durchbruch für den Möbelbau in der Tischlerwerkstatt. Die Tischlerazubis waren mit ihrem Ausbilder Mr. Lewis  im Januar zwei Wochen unterwegs im Wald um Bretter zu produzieren. Damit ist ein Materialvorrat angelegt, der für die Möbelproduktion Auftrieb bringt.

Erster Einsatz der Motorsäge

Ausblick

Unsere für März 2020 geplante Reise haben wir wegen der ungeklärten Landangelegenheit verschoben. Wir reisen nur, wenn vor Ort von uns auch Konkretes wie beispielsweise eine Grundsteinlegung oder Bauabnahme erledigt werden kann. Die Reisen sind einfach zu beschwerlich und  zu kostspielig, um sich ohne konkreten Anlass auf den Weg zu machen.

Bei allem Be- und Nachdenken dürfen wir jedoch eins nicht vergessen: Der Ausbildungsbetrieb läuft dank der Unterstützung aller Beteiligten nun schon seit sechseinhalb Jahren. Das Leben der jungen Menschen in Bonthe hat sich seitdem sichtlich verbessert. Hierauf sind wir stolz und allen Unterstützern sehr dankbar.